Gespräch mit dem Obmann und dem Kapellmeister
Eigentlich ist die Einwohnerzahl des Dorfes für eine eigene Musikkapelle fast zu klein. Dennoch gelingt es dem Obmann Alex Kirchler mit seinem Ausschuss dank der regen Nachwuchsarbeit immer wieder, ausscheidende Musikant(inn)en durch junge, gut ausgebildete zu ersetzen.
Die Weißenbacher Kapelle ist die zweitälteste in der Gemeinde Ahrntal. Zum großen Jubiläum hat das Redaktionsteam den Obmann Alex und den Kapellmeister Michael zum Interview gebeten.
Dörfblattl: Alex, seit nunmehr 10 Jahren bist du Obmann der Musikkapelle Weißenbach. Welchen Stellenwert hat für dich Musikkapelle und was bedeutet es, Obmann einer Musikkapelle zu sein?
Alexander Kirchler: Musikkapelle ist für mich unter anderem: Tradition, Verpflichtung, Ausgleich!
Tradition, weil die Musikkapelle Weißenbach heuer ihr 85-jähriges Bestandjubiläum feiert und ich es als Verpflichtung sehe, diesen Weg nach Möglichkeit fortzusetzen;
Verpflichtung, weil ich in Weißenbach viele Mitmenschen sehe, welche ohne groß aufzufallen dazu beitragen, dass Weißenbach lebt und dadurch für die Dorfbevölkerung, aber auch für die Gäste lebenswert ist und bleibt.
Durch die Gestaltung kirchlicher und weltlicher Feiern und Feste trägt die Musikkapelle und somit jedes einzelne Mitglied des Vereines dazu bei, dass aus dem „lebenswerten Weißenbach“ mitunter auch ein „liebenswertes Weißenbach“ entstehen kann. Und auch wenn „Musikkapelle“ eine nicht unwesentliche Aufgabe darstellt, so ist das Zusammenkommen mit den Kameraden, eine gute Probe oder ein gelungenes Konzert ein wertvoller Ausgleich zu den täglichen Aufgaben des Lebens.
Obmann sein ist mit Zeitaufwand verbunden, ist aber einfach befriedigend und wird als nicht belastend empfunden, wenn es gut läuft, wenn Projekte gelingen, wenn die Akzeptanz und die nötige Unterstützung gegeben sind. Beim diesjährigen Frühjahrskonzert habe ich erläutert, warum es unter anderem gelungen ist 2019 – nach zweijähriger Pause – wiederum ein Frühjahrskonzert zu spielen und warum grundsätzlich „Musikkapelle“ möglich ist. Diese Gedanken darf ich hier nochmals wiedergeben und gleichzeitig an alle, die aktiv dazu beitragen, ein herzliches Vergelt`s Gott richten.
Musikkapelle ist möglich:
· wenn es eine Grundschuldirektion und Lehrerinnen gibt, welche ein Projekt Bläserklasse zulassen und unterstützen;
· wenn die Eltern das Talent zur Musik in den Kindern sehen und fördern und auch die teils täglichen Mühen nicht scheuen, welche mit der musikalischen Ausbildung der Kinder in Zusammenhang stehen;
· wenn es Musiklehrer und Talente gibt, welche die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen auch außerhalb der Musikschule möglich machen;
· wenn es eine Jugendkapelle gibt, welche die Kinder frühzeitig fördert und an die Kapelle heranführt;
· wenn in der Familie, beim Partner, der Verein Musikkapelle akzeptiert und unterstützt wird;
· wenn es Vorbilder in der Kapelle gibt, welche über Jahre und Jahrzehnte das Ehrenamt Musik mit Freude und Pflichtbewusstsein als eine Selbstverständlichkeit annehmen;
· wenn es in der Bevölkerung Menschen gibt, welche die Aufgabe und den Aufwand sehen und die Kapelle unterstützen durch Wort und Tat; durch eine Spende oder auch z.B. durch die Zuweisung der 5 Promille bei der Steuererklärung;
· wenn die Musikantinnen und Musikanten die Proben fleißig besuchen und auch der „Heimarbeit“ den nötigen Stellenwert geben;
· wenn die Musikkapelle in der öffentlichen Hand, sei es bei der Provinz, bei der Gemeinde Ahrntal, der Fraktionsverwaltung Weißenbach, dem Ahrntaler E-Werk und auch beim Bildungsausschuss Weißenbach immer ein offenes Ohr für die finanziellen Belange der Kapelle hat;
· wenn es einen Kapellmeister gibt, dem schon bewusst ist, dass er vor einer unmenschlichen Hürde steht, diese Herausforderung aber annimmt und mit der Unterstützung seines Stellvertreters bravourös meistert;
· und wenn es einen Obmann gibt, welchem der Aufwand, den eine Musikkapelle mit sich bringt anscheinend nicht bewusst ist, „weil, sebn tatas net“, der aber im Vertrauen auf das Funktionieren aller bisher genannten Räder und mit Hilfe seines Ausschusses das Getriebe „Musikkapelle“ am Laufen hält.
Euch allen, die zum Wohle der Musikkapelle Weißenbach denken und handeln und dadurch beitragen und beigetragen haben, dass die Musikkapelle Weißenbach „LEBT“ und zudem heuer ihr 85-jähriges Jubiläum feiern kann, ein herzliches, tausendfaches Vergelt‘s Gott.
Dörfblattl: Wie sieht es mit dem Nachwuchs aus und warum sollte jemand Mitglied der Musikkapelle werden?
AK: Grundsätzlich freuen wir uns über jeden, der unserem Verein beitreten möchte. Wer interessiert ist ein Instrument zu erlernen, welches in der Musikkapelle Verwendung findet, nimmt am besten Kontakt zur Musikkapelle auf. Es folgen der Besuch der Musikschule, erstes Musizieren in der Jugendkapelle und später die Eingliederung in die Musikkapelle. Mitglied der Kapelle zu sein, ist immer wieder eine Herausforderung, welche uns MusikantenInnen aber zusammenschweißt und uns eine große Familie werden lässt. Jeder ist im Verein wichtig, sei es im musikalischen, wie im menschlichen Sinne. Leider haben junge Musikanten in der Vergangenheit die Kapelle oft schon nach wenigen Mitgliedsjahren wieder verlassen, sodass die Verwirklichung des Jahresprogrammes in Bezug auf die Besetzung der einzelnen Register vielfach nur mit Unterstützung von Aushilfsmusikanten möglich ist. Eines ist gewiss: Der heutige Stamm der Musikkapelle wird älter und wenn die Musikkapelle z.B. das 100-jährige Jubiläum feiern will, dann müssen wir zukünftig noch massiver in die Jugendarbeit investieren.
Ich bin der Meinung, Musik gibt sehr viel und lässt Freundschaften entstehen und hilft zudem diese zu pflegen. Vor allem die Jugendlichen lernen im Verein, was Verantwortung, Einsatz, Kameradschaft und Freundschaft bedeuten und können mit Gleichaltrigen und Gleichgesinnten auch außerhalb des Vereines viel unternehmen. Dass das aktive Musizieren auch positive Auswirkungen auf das Gemüt und die Leistungsfähigkeit hat, ist längst auch wissenschaftlich nachgewiesen. Für MusikantenInnen gibt es nichts Schöneres, als anderen durch Musik Freude zu bereiten und dafür Applaus zu ernten. Der britische Musiker John Miles traf mit seinem Lied auf den Punkt, was für viele unserer MusikantenInnen gilt: „Music was my first love...“
Dörfblattl: Wie viele Mitglieder zählt die Musikkapelle Weißenbach?
AK: Im Moment besteht unsere Kapelle aus 26 begeisterten Musikantinnen und Musikanten, die allesamt mit Herz und Seele dabei sind. Dazu kommen noch 4 Marketenderinnen und der Fähnrich, sodass wir zusammen mit unserem Kapellmeister Michael Kirchler 31 Mitglieder zählen. Die Stimmung positiv beeinflusst derzeit vor allem auch der kräftige Zuwachs, welchen wir heuer zu verzeichnen haben: insgesamt 10 MusikantInnen haben am 25. Mai ihr erstes Frühjahrskonzert mit der Musikkapelle Weißenbach gespielt. Auch die Marketenderinnen Anna und Valentina haben zu diesem Anlass ihr Debüt in der Kapelle gegeben.
Dörfblattl: Welche Auftritte stehen für heuer noch im Programm?
AK: Ziel und Aufgabe der Musikkapelle ist in erster Linie die musikalische Umrahmung kirchlicher und weltlicher Feiern im Dorf. Dazu kommen Auftritte auf verschiedenen Festen und Konzerten in der näheren Umgebung, welche sich vorwiegend auf die Sommermonate konzentrieren. Im Frühjahr sind es die traditionellen kirchlichen Feste wie Palmsonntag, der feierliche Einzug mit anschließendem Ständchen bei der Erstkommunion und heuer auch bei der Firmung in St. Johann. Der Höhepunkt im Jahresprogramm ist sicherlich das Frühjahrskonzert, welches wir traditionell für Ende Mai einplanen. Zu den Schwerpunkten im Jahresprogramm 2019 zählen die Jakobiprozession mit anschließendem Konzert, zwei Abendkonzerte im Ahrntal, das gemeinsame Konzert mit der JUKA Luttach/Weißenbach und das Frühschoppenkonzert beim Kirchtag in Steinhaus.
Dörfblattl: Was sind die weiteren Ziele der Musikkapelle Weißenbach?
AK: Ziele gibt es viele, aber vor allem im Bereich der Jugendarbeit müssen wir noch besser werden: Die erfolgreiche Jugendarbeit ist der Grundstein für den Fortbestand der Musikkapelle. Zudem erscheint mir wichtig, dass wir mit der nötigen Sensibilität, alle Mitglieder der Musikkapelle, vor allem aber die Jugend, fordern und fördern und dadurch das musikalische Niveau festigen. Auch wird es uns gut tun, wenn wir uns als Musikkapelle etwas mehr öffnen und neben dem musikalischem Programm auch dem gesellschaftlichem etwas mehr Raum geben. Und ich wünsche mir, dass wir auch zukünftig immer einen „taktvollen musikalischen Leiter“ haben, dass uns der Spaß am Musizieren erhalten bleibt und auch auf das Publikum überspringt und dass wir auch in Zukunft noch vielen Menschen mit unserer Musik Freude bereiten.
Dörfblattl: Michael, seit nahezu 25 Jahren bist du ein „fester Bestandteil“ der Musikkapelle Weißenbach; als musikalischer Leiter in den Jahren 1995 – 2000, dann wieder 2015 und erneut seit dem letzten Jahr und dazwischen immer als verlässlicher Aushilfsmusikant. Was reizt dich an der Aufgabe des Kapellmeisters, welches sind die Herausforderungen und woher nimmst du die Motivation für diese Aufgabe? Welches waren deine schönsten musikalischen Erlebnisse mit der Musikkapelle Weißenbach?
Kapellmeister Michael Kirchler: „Seit meiner Kindheit bin ich Musikant und derzeit wieder Kapellmeister. Daher kenne ich beide Seiten und das hilft mir bei meiner Tätigkeit als Kapellmeister. Wenn wir es auf den Fußball übertragen bin ich einerseits der Trainer, der die Spieler 10 Runden um den Fußballplatz laufen lässt und andererseits derjenige, der laufen muss. Als Kapellmeister reizt mich natürlich der Freiraum den ich habe. Ich wähle das Musikprogramm aus, setze die Musikproben fest und überlege mir wie ich am Besten und Schnellsten die Musikstücke einlernen kann. Es motiviert mich, wenn ich sehe, dass die Musikanten mitarbeiten, dass sie ihren Teil dazu beitragen und zuhause fleißig üben, wenn die Proben besucht werden und eine gute Harmonie in der Musikkapelle herrscht. Das allerschönste und der eigentliche Lohn eines Kapellmeisters ist es, wenn ein Auftritt gut gelingt, wenn das monatelange Proben und die investierte Zeit nicht vergebens waren. Darum erinnere ich die Musikanten bei fast jeder Probe daran, dass jeder einzelne für den Erfolg mitverantwortlich ist. Mich freut es, dass ein Großteil der Musikanten, mit denen ich ab 1995 gearbeitet habe, noch bei der Musikkapelle ist, aber genauso, dass wieder Jungmusikanten der Musikkapelle beigetreten sind. Die Jugendarbeit in der Musikkapelle hat äußerste Priorität, zumal immer noch wichtige Stimmen fehlen (z.B. Hörner), bzw. einige Register nicht vollständig besetzt sind.
Meine Situation ist nicht mehr dieselbe wie in den 90er Jahren, die knappe Zeit lässt es kaum zu, dass ich das Amt des Kapellmeisters bekleide. Als Kapellmeister macht man sich viele Gedanken und ein großer Teil spielt sich im Hintergrund, abseits der vielen Proben und Auftritte, ab. Einen großen Dank möchte ich hier an Pius richten, welcher mir bei der Probenarbeit und kleineren Auftritten hilft, sowie dem Obmann Alex. Vielleicht ist es aber die enge Verbundenheit, die vielen Hochs und Tiefs im Laufe der Jahrzehnte, die ich mit der Musikkapelle Weißenbach erlebt habe, welche mich nochmals dazu bewegt haben, auszuhelfen. Wenn ich derzeit andauernd die Musikanten bedränge, dann mit dem Hintergedanken noch so viel von meinem Wissen, von der Erfahrung, welche ich in meinem bisherigen musikalischen Leben gesammelt habe, mitzugeben. Ich bin der Meinung, dass die Musikkapelle Weißenbach derzeit auf einem guten Weg ist. Wäre ich ein Bauer würde ich sagen: „der Acker ist bestellt und wenn die nächsten Jahre ernsthaft weitergearbeitet wird, so wird in ein paar Jahren eine gute Ernte eingefahren“, dessen bin ich mir absolut sicher. Auch wenn ich dann wahrscheinlich nicht mehr der musikalische Leiter der Musikkapelle Weißenbach sein werde, so freut es mich zu wissen, dass ich einen Teil zu dieser Entwicklung beitragen durfte.